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Bert Gstettner: Nachruf Ismael Ivo, 8.4.2021

Die schreckliche Nachricht vom Tod des Tänzers und Choreografen Ismael Ivo. Dass dieser wunderbare Mensch vom Virusmonster getötet wurde ist sehr traurig. Jetzt bleibt uns nur die Erinnerung.


 Foto: Anno Wilms. Fotokopie aus dem Magazin "Ballett International Tanz Aktuell" Nr. 5, 1995.

Anfang der 80er Jahre, als der Sektor Tanz in Wien zu erwachen begann, belegte ich als junger Tanzstudent im Tanzforum Wien den ersten Kurs, den Ismael Ivo anbot. Ein großartiger Tanz-Zauber kam mit diesem langgliedrigen, starken, anmutigen und sanften Menschen zu uns. Ismael Ivo wurde in Wien zum Vorbild und hat die Tanzszene als Co-Leiter von den Wiener Tanzwochen und ImPulsTanz hier rasch mitgeprägt: in tänzerisch-künstlerischer Hinsicht zeigte er uns seine dramatisch-explosive Kraft und seine musikalisch-feinfühlige Bühnenpräsenz - als Mensch seine charmante und angenehm einnehmende Art in der Begegnung. Die Sympathien flogen ihm von überall zu und rasch stieg er in Wien zur Ikone auf.

1992, als ich Tanz*Hotel gründete, war Ismael zu Besuch im Studio bei der Probe zur Choreografie "Gast*Mahl“, das in Kooperation mit ImPulsTanz von mir auf die Bühne gebracht wurde. Immer wieder begegneten wir uns bei den Tanzwochen, bei seinen Premieren oder anderen Bühnenereignissen. Auf Tournee mit Tanz*Hotel Cie bereiste ich Mitte der 90er Jahre sein Heimatland Brasilien.

ImPulsTanz hat nun seinen langjährigen Leuchtturm und Mitbegründer verloren und wir alle einen großen Menschen. Ismael Ivo wird mir immer stark, schön und leidenschaftlich - wie er war - in Erinnerung bleiben.

Bert Gstettner 

Bert Gstettner: Angelo Soliman (1721-1796) - Revisited

In: Michael Hüttler, Hans Ernst Weidinger (Hrsg.): Ottoman Empire and European Theatre, Vol. 5: Gluck and the turkish subject in ballet and dance. Wien: Hollitzer, 2019.

 

"This article is dedicated to an outstanding personality of eighteenth-century Vienna. It deals with two choreographic plays, Angelo*Soliman (1996/7) and Soliman*Revisited (2011), which follow the footsteps of th valet Angelo Soliman from the past to the present day."

Maria Rennhofer: "Medusa*Expedit. Eine multimediale Performance (...)"

In: Rundum Kultur, Rondo. Beilage derStandard, 13.11.2015

 

"Gemeinsam realisierten die beiden (Gstettner, Mlenek) unter dem Titel MEDUSA*EXPEDIT eine vielschichtige Bühnenarbeit, die vom Gemälde 'Das Floß der Medusa' des französischen Malers Théodore Géricaultinspiriert ist und als Produktion von Gstettners auf interdisziplinäre Kunstprojekte spezialisiertem Label Tanz*Hotel im Team mit dem Komponisten Günther Rabl (...) zu einem intensiven multimedialen Gesamterlebnis gediehen ist." Zum Artikel: PDF DerStandard Rondo, Maria Rennhofer

Bert Gstettner: "Aus den Tiefen des Wiener Kulturtanks"

In: Eva Brenner (Hrsg.): Anpassung oder Widerstand: Freies Theater heute. Vom Verlust der Vielfalt. Wien: Promedia, 2013

 

"Ich zähle mich zu der aus dem WUK kommenden Tanzkünstlergruppe, die sich in den 1980ern dort Räume außerhalb der Studioszene erobert hat. Wir waren noch so sozialisiert, dass man in Alternativen zum Bestehenden dachte, (…) und neue Lebens-Arbeits-Kunst-Modelle ausprobieren und voranbringen wollte. Es herrschte eine große Aufbruchstimmung in dieser kleinen Wiener Tanzszene, die aus einem künstlerischen Drang einerseits und aus einem Mangel an fehlenden Ausbildungs-, Produktions- und Auftrittsmöglichkeiten andererseits, hoch motiviert daran ging, dem künstlerischen Tanz Gegenwart und Permanenz zu geben."

Ursula Kneiss: "Bert Gstettner und sein Tanz*Hotel"

In: Andrea Amort, Mimi Wunderer-Gosch (Hrsg.): Österreich tanzt. Geschichte und Gegenwart, Wien: Böhlau Verlag, 2001.

 

"Zur ersten Etappe der aufstrebenden Choreographen gehören Bert Gstettner, Elio Gervasi und Willi Dorner; später hinzu kamen das Choreographen-Duo Roderich Madl und Doris Ebner, Paul Wenninger, Christine Gaigg und Saskia Hölbling. Auf einsamen Posten, im fernen Kärnten, kämpfte währenddessen Zdravko Haderlap mit seinem provokanten Tanztheater Ikarus. 

Bert Gstettners Werkliste reicht bis in das Jahr 1984 zurück. Zu Beginn waren es kleinere Arbeiten, Soli, Duette, mit denen er auf sich aufmerksam machte. Damals war schon sein Hang zum Skurrilen, zur Groteske, zu stark verzerrtem Körperausdruck bemerkbar. Oft bezog er das Publikum aktiv in den Ablauf seiner Performances ein wie in den gemeinsam mit Silvia Both geschaffenen Duetten Double Tilt (1989), das sich im Stiegenhaus des WUK abspielte, und Balkonkontrast (1990).
Gstettners vielseitige Ausbildung – er hatte unter anderem in New York bei Erick Hawkins, einem der Pioniere des amerikanischen Modern Dance, studiert, sich weiters mit außereuropäischen Theaterformen und südosteuropäischen Volkstanz beschäftigt – kam immer mehr zum Tragen. Ethnische Elemente fanden Einzug in sein erstes Langzeitprojekt Labyrinth-Triptychon (1988-90), das die Minotaurus-Sage behandelte.

1992 adaptierte Bert Gstettner mit seinen Mitstreitern eine ehemalige Fabrik in Wien-Favoriten, wo bis heute seine Truppe, Tanz*Hotel, residiert und mit zeitgenössischen Komponisten, Bühnen- und Kostümbildnern zusammenarbeitet. Raumgestaltung, überzeichnete, mitunter die Motorik beeinträchtigende Kostüme und symbolische Requisiten sind ihm von zentraler Bedeutung. Jeder Tanz*Hotel-Produktion geht eine intensive thematische Recherche voraus: In Angelo*Soliman (1996) beschäftigte er sich mit der im 18. Jahrhundert von Gasparo Angiolini und Jean Georges Noverre entwickelten Form des Ballet d´action; In Il*Libro*Mio (1998) wandelte er auf den Spuren des Florentiner Manieristen Pontormo; Cut*A*Way (1999) war als Streifzug durch die Tanzgeschichte des 20. Jahrhunderts konzipiert.

Daneben hat er auch multimediale Performances kreiert und für seine Events artfremde Lokalitäten aufgespürt. Das Bühnenstück Time*Sailors (1995) brachte er 1998 in einer mehrere Tage lang dauernden, virtuellen Zeitreise als interdisziplinäres Dance Environment auf der Kaiserbadschleuse am Wiener Donaukanal zur Aufführung."